Was uns so einfällt …

Was uns so einfällt …» ist das Motto des Blogs LITERATURFORUM.CH. Zunächst könnte es auch einfach heissen: «Was mir so einfällt …». Ich beginne einstweilen alleine, aber der Plural soll auf den gedeckten Platz verweisen, den man in manchen Weltgegenden für den überraschenden Gast am Esstisch freihält: Gäste und Gastbeiträge sind grundsätzlich willkommen. Sie sollten in irgendeiner Weise Inspiration aus dem Konzept des Blogs ziehen.

«Was mir so einfällt …» war das Motto eines ersten Blogversuchs, den ich auf Einladung der Universität Bern unternommen habe. Die zuständigen Stellen der Universität fragten bei einigen der Mitarbeitenden in der frühen Corona-Krise an, ob sie ihre Erfahrungen im Lockdown niederschreiben und veröffentlichen wollten. Die Idee reizte mich, zumal ich ohnehin den Eindruck hatte, dass es wichtig wäre, die eigenen Erlebnisse, Befindlichkeiten und Gedanken möglichst unmittelbar festzuhalten. Gerade die Ausnahmesituation war von den Logiken des Davor und Danach unmittelbar bedroht. Also begann ich mit einer Folge von Alltagsbetrachtungen im verordneten Home Office. Dabei versuchte ich, möglichst nahe bei meinen eigenen Erlebnissen zu bleiben, und so flossen Gartenerlebnisse und Gedanken, Spaziergänge und Spatzenlärm, Lektüren und Lektionen ineinander.

Man mag an den Flaneur, die Personifikation des Essays denken, oder an den Schmetterlingsjäger, der mit seinem Netz umherschweift, Raritäten für seinen Schmetterlingskasten zu sammeln. Doch ist der Flaneur zu sehr in seinen eigenen Gedanken befangen und der Schmetterlingsjäger zu sehr auf Prezioses aus. Eher noch passte das Bild der aufmerksamen Meditation: der Moment, da das feine Gewebe von Sinneseindrücken, Gedanken und Körperempfindungen beim Ineinandergreifen beobachtet werden kann.

Aus dem reizvoll Ungewohnten des Lockdown-Blogs der Universität Bern entstand die Idee zu einem eigenen Blog, einem literarischen Projekt, welches einstweilen häufig vom Garten handelt und von den Dingen, die an den Rändern von Forschung und Lehre, da wo sie sich mit Familie, Hund, Gartenbewohner*innen, Lektüren, Erinnerungen, Gehversuchen unterschiedlicher Art berühren.

«Was mir so einfällt …» ist so auch ein literarisches Verfahren, bei dem das eigene Erleben gleichberechtigt neben den Assoziationen steht, die es auslöst: wie ein Stolperstein.

Dies schreibe ich im Juli 2020, nachdem ich ein neues eigenes Rezept für Marmelade ausprobiert habe: 1 kg Reine Claude-Pflaumen, abgeriebene Schale und Saft einer Zitrone, 1 Vanillestange, 500g 2:1-Gelierzucker. Später werde ich meinen ferienhalber abwesenden Nachbarn die Tomaten, Gurken und allerlei Stauden giessen. Auf dem Tisch liegt eine Novelle, deren Lektüre ich gerade beendet habe. Es geht darin auch um Väter und ihre Beziehung zu den nicht bei ihnen lebenden Kindern. Das Wichtigste ist überhaupt der Alltag. Mein Hund liegt faul in einer Ecke: ein schlafender Juli-Hund.